Schalkes Trainer ist ein duldsamer Zeitgenosse; zwangsläufig. Seinen Job muss er praktisch seit Dienstantritt mit stoischer Gelassenheit viel mehr aushalten als ihn mit Leben zu füllen. So gehen die Monate ins Land, hier wird er angezählt, dort kritisiert, laviert dabei aber behende und zieht seinen Kopf stets aus der Schlinge, wenn der Hals mal wieder zwickt. So feiert Königsblau bald schon ein ganzes Jahr Jens Keller. Doch es bleibt nicht viel mehr als schaler Zweifel.
Über die Außendarstellung des Schwaben ist mehr als hinreichend diskutiert worden. Ob ihm die Öffentlichkeitsarbeit nun liegt oder nicht, ist allerdings auch einigermaßen peng. Felix Magath gab es schließlich auch nicht in Plüsch im Fanshop zu erstehen. Vermutlich mangels Nachfrage. Ich habe bisher auch davon abgesehen, meinen Automechaniker zu daten. Wie alle anderen sollte man Keller an seiner Arbeit messen. Dennoch lässt sich erahnen, dass der Trainer des derzeit Tabellen-Fünften auf Kritik gefasst war, als er sich am Dienstag den Fragen einiger Fans stellte.
Doch auch diesen Gang nahm Keller mit der Routine eines Mannes, der sich im Auge des Shitstorms wohnlich eingerichtet hat. Es ist nun ein Leichtes, den Plebs als unartiges Klatschvieh zu disziplinieren, wie es Kevin-Prince Boateng am Samstag getan hat. Die Veltins-Arena ist aber nicht das Musikantenstadl. Mit dieser Argumentation unterschätzt man den Feinsinn des eigenen Anhangs fahrlässig. Sich hinter vermeintlich ordentlichen Resultaten zu verstecken, verschleiert die Defizite, die seit der Ära Magath noch immer brach liegen: Schalke hat als „Best of the Rest“ eine Nische gefunden, die dem finanziellen Aufwand so gerade eben, dem darbenden Selbstverständnis dieses Klubs aber mitnichten gerecht wird. Allein damit, besseres Mittelmaß zu Großtaten hochzujazzen, ist es nicht getan.
Mal Hand hoch: Wer kann sagen, für welchen Fußball Schalke im November 2013 steht? Wie liest sich Jens Kellers Handschrift? Die Fragen drängen! Königsblau schmachtet nach einer fußballerischen Linie, die länger als nur auf Wochenfrist angelegt ist. Dass nicht wenige verstohlen zum ungeliebten Nachbarn schielen, muss niemand leugnen. Womöglich ist auch ein Fünf-Jahres-Vertrag für Keller die richtige Antwort. Das wird dann zweifellos zu begründen sein, aber es wäre immerhin ein Plan. Jeder Stadtplaner weiß, dass nichts dauerhafter ist als ein Provisorium. Aber durch ständige Flickschusterei mit einer fest installierten Interimslösung verlieren die Schalker an einem vielleicht neuralgischen Punkt der Bundesliga-Geschichte Zeit, die sie nicht haben. Es sind Antworten gefragt und Taten sprechen dabei lauter als Worte.